Meet Up-Projekt 2015

Erinnerungspfade – Erinnerung räumlich fassen

 

Das Projekt untersuchte die Einflüsse der Herrschaftswechsel auf lokale, eher periphere Gemeinschaften in Ostgalizien, der Nordbukowina, Podolien und Wolhynien. Dabei stand im Fokus, inwieweit diese durch Nationalitäts-, Religions- und Machtdiskurse beeinflusst wurden. 16 deutsche Studierende  (Ruhr-Universität Bochum) und 16 ukrainische Studierende (Katholische Universität Lemberg, Jurij-Fedkowitsch-Universität Czernowitz und Nationale Pädagogische Universität Ternopil) bereiteten sich durch Blockseminare und Recherchearbeit auf gemeinsame Arbeitsphasen in der Ukraine (26.10.-3.11.) und in Bochum (1.-5.12.) vor, die die Grundlage für eine Ausstellung darstellten, die in der Universitätsbibliothek der Ruhr-Universität präsentiert wurde und über diese Webseite abrufbar ist.

 

Mehrere Staaten haben im 19. und 20. Jahrhundert versucht, Ostgalizien, der Nordbukowina, Wolhynien und Podolien ihren Stempel aufzudrücken. Die Habsburgermonarchie, das Russländische Zarenreich, der polnische bzw. rumänische Nationalstaat, die deutsche Besatzungsmacht und schließlich die Sowjetunion hinterließen ein sichtbares Erbe in den „Topographien der Erinnerung“, mit dem die Westregionen der heutigen unabhängigen Ukraine in das 21. Jahrhundert eintreten.

 

Oper in Lviv während des Met Up-Projektes 2015.

Unsere Ausstellung setzt sich deshalb mit verschiedenen Erinnerungskulturen und ihrer Widerspiegelung in den städtischen und ländlichen Räumen der westlichen Ukraine auseinander. Wir gehen davon aus, dass historische Erinnerungen das Selbstverständnis von Menschen und Gesellschaften  und damit auch die Gegenwart prägen. Dies zeigt sich am besten immer dort, wo Brüche auftreten, wo verschiedene Erinnerungskonstruktionen aufeinander treffen und zu offenen Kontroversen führen, wie es gegenwärtig in der Ukraine der Fall ist. So versucht die Ausstellung die komplexen Beziehungen zwischen Vergangenheit und ihrer Erinnerungs- bzw. Vergessensformen zu veranschaulichen.

 

Wir gingen auf eine intensive Spurensuche in den lokalen und regionalen Gemeinschaften der westlichen Ukraine und erkundeten deren konfessionelle, kulturelle, sprachliche und auch nationale Selbst- und Fremdzuschreibungen. Besonders im Fokus standen dabei mögliche Wendepunkte des Zusammenlebens unter dem Einfluss von wechselnden politischen Herrschaftsansprüchen, öffentlichen Machtdiskursen und Zeiten eskalierender Gewalt. Durch diese Herangehensweise wollen wir zur Überwindung des traditionellen Umgangs mit „zu Stein gewordenen Erinnerungskulturen“ beitragen und die Mechanismen der Erinnerungsgestaltung Schicht für Schicht entblättern. Ostgalizien, die Nordbukowina, Wolhynien und Podolien als Regionen kultureller Vielfalt, deren Geschichte gerade darin bestand, dass sich ihr Selbstverständnis nicht einfach auf einen nationalistischen Nenner bringen ließ, bieten sich in besonderer Weise dazu an.